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Ergebnisse der Beraterbefragung

Online-Befragung im August und September 2016 unter 3922 Betriebsberatern

Von den 3922 angeschriebenen Beratern haben sich ingesamt 845 an der Umfrage beteiligt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 21,5 %. Die Befragten sind Mitglieder des VDSI- Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit e. V., BeraterInnen der Handwerkskammern und –Fachverbände des Zentralverbands des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH), sowie Verbandsingenieure des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft e.V. (ifaa)

 

 

Beschreibung der Befragtengruppe

Die Grafik (Abb. 1) ist eine Übersicht über die Größe der Unternehmen, in denen die befragten Betriebsberater tätig sind. Die Größe der Unternehmen wird hierbei an der Zahl ihrer Mitarbeiter gemessen. Es wird deutlich, dass besonders kleine Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von bis zu 19 Beschäftigten und große Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von über 500 Beschäftigten in der Stichprobe etwa zu gleichen Anteilen vertreten sind.

Abb. 1: Anzahl Beschäftigte (alle Berater)

Neben der Binnendifferenzierung nach Unternehmensgröße, ist ein Vergleich zwischen internen und externen Beratern interessant. Interne Berater gehören dem Unternehmen an und sind ausschließlich dort als Berater tätig. Diese Berater machen 39,2% unserer Stichprobe aus. Externe Berater sind bspw. bei Verbänden oder Kammern beschäftigt und beraten mehrere Unternehmen. Sie machen den Großteil unserer Stichprobe aus (60,8%).

Interne Berater sind hauptsächlich in den größten Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern beschäftigt (63,67%),während externe Betriebsberater erwartungsgemäß eher in kleineren Unternehmen mit bis zu 99 Beschäftigten vertreten sind (77,68%).

Abb. 2: Anzahl Beschäftigte (interne und externe Berater)

Der Großteil der internen und externen Berater (57,96%) berät Betriebe aus dem Bereich des verarbeitenden Gewerbes. Der Handel ist mit lediglich 27,51% vertreten, während 14,53% der Betriebsberater keinem Schwerpunkt zugeordnet werden können. Hierbei fällt auf, dass bei den externen Beratern nur ein relativ geringer Anteil der Befragten (16,50%) auf den Handel entfällt, während es bei den internen Beratern fast die Hälfte der Personen ist (45,34%). Den verbleibenden 23,50% kann kein Schwerpunkt zugewiesen werden (Abb.3).

Abb. 3: Branche (interne und externe Berater)

Relevanz

a) gesamt / direkte Frage
Die Berater messen dem Thema Industrie 4.0 im Moment eine eher untergeordnete Bedeutung zu. Diese Einschätzung verändert sich jedoch, wenn man nach der kommenden Bedeutung fragt: Bei der Frage nach der Wichtigkeit in fünf Jahren verdoppeln sich die Zustimmungswerte.

Um die Bedeutung des Themas Industrie 4.0 bei den Betriebsberatern zu erfassen haben wir sie nach Ihrer Selbsteinschätzung zur Wichtigkeit ("Wie groß ist die Bedeutung des Themas ...") gefragt. Ergänzend dazu wollten wir von ihnen wissen, ob im Unternehmen oder bei ihren Kunden schon 4.0-Systeme oder digitale Maßnahmen des Arbeitsschutzes umgesetzt sind.

Die Bedeutung des Themas wird momentan nicht sehr hoch eingeschätzt. Gerade mal ein Drittel (34,3%) stuft die Bedeutung als groß oder sehr groß ein (vgl. Abb.4 Zeile "im Unternehmen jetzt"). Dies ist die Gruppe, bei der die momentane Bedeutung die höchsten Zustimmungswerte erzielt. Wird die Frage erweitert auf die Einschätzung der Wichtigkeit in fünf Jahren, so zeigt sich ein fast komplett entgegengesetztes Bild. Die gleiche Gruppe misst dem Thema eine viel größere Bedeutung bei (über zwei Drittel (69,3%) vermuten eine sehr große bis große Bedeutung in fünf Jahren (Abb. 4 "im Unternehmen in fünf Jahren")). Diese Umkehrung der Einschätzung bzw. der Bedeutungszuwachs in 5 Jahren lässt sich auch bei den anderen Befragtengruppen beobachten (externe: "bei Kunden .." / Einschätzung des Umfeldes durch interne Berater: "im betrieblichen Umfeld ...").

Abb. 4: Bedeutung des Themas heute und in 5 Jahren

Im Handel wird das Thema 4.0 von lediglich 6,90% der externen Berater als hochrelevant eingeschätzt. Bei der Vergleichsgruppe im verarbeitenden Gewerbe erhöht sich dieser Prozentsatz auf insgesamt 22,38%. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich bei der Befragung der internen Betriebsberater, allerdings liegen die Anteile der internen Berater, die das Thema 4.0 als hoch relevant bewerten, generell höher als dies bei externen Beratern der Fall ist. Gleiches gilt für den Vergleich zwischen dem verarbeitenden Gewerbe und dem Handel: Hier wird die Bedeutung im verarbeitenden Gewerbe häufiger als hoch relevant betrachtet (Abb. 5).

Abb.5: Bedeutung des Themas heute (nach Branche)

Wird die Bedeutung des Themas 4.0 in fünf Jahren abgefragt, nehmen die Anteile der internen und externen Berater, die diese Thematik als hochrelevant einschätzen, deutlich zu. Der höchste Zustimmungswert findet sich bei internen Betriebsberatern im verarbeitenden Gewerbe (81,45%), der niedrigste bei externen Beratern, die im Handel tätig sind (43,10%). Auch hier wird die Bedeutung des Themas 4.0 sowohl im Bereich des verarbeitenden Gewerbes als auch bei den internen Beratern häufiger als hoch relevant eingeschätzt (Abb. 6).

Abb.6: Bedeutung des Themas in 5 Jahren (nach Branche)

Die Unterscheidung zwischen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und größere Unternehmen (nicht KMU) ist hinsichtlich der Zielgruppen Mittelstand und Handwerk besonders interessant. In Tabelle 1 sind verschiedene Definitionen der Unternehmensgrößenklassen gegenübergestellt. Wir orientieren uns dabei nach der Definition des IfM Bonn, wonach Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von weniger als 50 Millionen Euro zu KMU gezählt werden. Diese Definition ergibt eine hohe Überschneidung mit den Definitionen des Mittelstands und Familienunternehmen.

 

  EU-Kommission IfM Bonn
Kleinste und kleine Unternehmen ≤ 49 Mitarbeiter
≤ € 10 Mio.
≤ 49 Mitarbeiter
< € 10 Mio.
Mittlere Unternehmen ≤ 249 Mitarbeiter
≤ € 50 Mio.
≤ 499 Mitarbeiter
< € 50 Mio.
Große Unternehmen ≥ 250 Mitarbeiter
> € 50 Mio.
≥ 500 Mitarbeiter
≥ € 50 Mio.

Tabelle 1: verschiedene Definitionen der Unternehmensgrößenklassen

 

Bei der Aufteilung der Stichprobe in kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und größere Unternehmen (nicht KMU) zeigt sich, dass die Bedeutung des Themas 4.0 in größeren Unternehmen häufiger als hoch relevant angesehen wird als in kleinen und mittleren Unternehmen. Allerdings treten bei größeren Unternehmen kaum Unterschiede zwischen internen und externen Betriebsberatern auf. In kleinen und mittleren Unternehmen hingegen wird die Bedeutung des Themas von internen Beratern höher eingeschätzt als dies bei externen Beratern der Fall ist (Abb. 7).

Abb.7: Bedeutung des Themas heute (nach Unternehmensgröße)

Auch bei der Einschätzung der Bedeutung des Themas 4.0 in fünf Jahren erhöhen sich die Anteile der Befragten, die die Bedeutung des Themas als hoch relevant einschätzen. Es zeigt sich zudem, dass in kleinen und mittleren Unternehmen nur ein geringer Unterschied zwischen den Bewertungen der externen und der internen Beratern besteht. In größeren Unternehmen hingegen stufen insgesamt 72,83% der internen Betriebsberater die Bedeutung des Themas 4.0 in fünf Jahren als hoch relevant ein, während dieser Anteil bei den externen Beratern bei einem geringeren Wert von 65,38% liegt (Abb. 8).

Abb.8: Bedeutung des Themas in 5 Jahren (nach Unternehmensgröße)

b) 4.0 Systeme im Einsatz

In den Betrieben werden teilweise schon 4.0-Verfahren verwendet. In der Grafik (Abb. 9) sind die Häufigkeiten der aktuellen und geplanten Verwendung von Systemen bei den Kunden der externen Berater (oben) und im eigenen Unternehmen der internen Berater (unten) zu sehen.
 
Neben den Smartphones sind vor allem schon Sensoren (aber keine Aktoren) häufiger im Einsatz. Eine Ausnahme davon sind die Sensoren an Mitarbeitern, die am wenigsten genutzt werden. Dies scheint eher mit datenschutzrelevanten Fragen erklärbar zu sein. Werden die Sensoren an Mitarbeiten aus der Betrachtung ausgeschlossen, ergibt sich eine klare Rangfolge der eingesetzten Systeme von Sensoren über Autonome Prozesse hin zu den Aktoren (Mensch-Roboter-Interaktion, selbstfahrende Fahrzeuge, Assistenzsysteme).

Auffällig ist, dass Smartphones und Sensoren an Arbeitsmitteln und Fahrzeugen in den Unternehmen mit internen Beratern seltener im Einsatz und geplant sind als in den Unternehmen, die von externen Beratern betreut werden, während sich dieses Verhältnis bei autonomen Prozessen, Mensch-Roboter-Interaktion und selbstfahrenden Fahrzeugen umkehrt oder sich die Nennungen angleichen. Das könnte damit zu erklären sein, dass die externen Berater eine größere Anzahl an Unternehmen besuchen und die Frage auf dieser Basis beantworten, während die Einschätzung der internen Berater nur ein Unternehmen abbildet. Dass dennoch die selteneren 4.0-Systeme von den internen Beratern häufiger genannt werden, kann wiederum darauf zurückzuführen sein, dass sie in größeren Unternehmen häufiger sind, die vordringlich von internen Beratern betreut werden.

Abb. 9: Nutzung von "4.0"-Systemen

c) digitale Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutz
Die Grafik (Abb. 10) zeigt mit den grün gefärbten Balken die aktuell schon umgesetzten Maßnahmen und die roten Balken zeigen die innerhalb des nächsten Jahres geplanten. Die oberen Balken zeigen die Einschätzung der externen Berater über die Situation bei ihren Kunden. Die unteren Balken geben die Einschätzung der internen Berater über die Lage im eigenen Unternehmen wieder.

In den Betrieben werden teilweise schon digitale Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes umgesetzt. Am häufigsten wird die digitale Datenerfassung für die Gefährdungsbeurteilung eingesetzt, von über 40% der internen und über 30% der externen Berater. Am zweit- und dritthäufigsten werden die digitale Unterweisung und die digitale Datenerfassung von Arbeitsabläufen eingesetzt. Jeweils zwischen 30 und 40% der internen und 25–35% der externen Berater nutzt diese Möglichkeit momentan.

Grundsätzlich berichten die internen Berater über einen sowohl aktuell als auch geplanten höheren Einsatz digitaler Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes als die externen. Das könnte damit zusammenhängen, dass die internen Berater von den Unternehmen ein entsprechendes Budget für diese Maßnahmen zur Verfügung gestellt bekommen, während die externen Berater eher in kleinen Unternehmen mit geringerem Budget eingesetzt werden.

Abb. 10: Umsetzung digitaler Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes

neue Belastungen und Potenziale

Die Grafik (Abb. 11) gibt einen Überblick darüber, wie die Betriebsberater die Entwicklung von neuen Belastungen und Potenzialen vor dem Hintergrund des Themas Arbeit 4.0 bewerten. Insgesamt erwarten 71,28% der Befragten, dass durch die Arbeit 4.0 neue Belastungen und Gefährdungen entstehen, für die die überwiegende Mehrheit die Notwendigkeit neuer Maßnahmen sieht. Demgegenüber verbindet lediglich die Hälfte der Betriebsberater (52,96%) das Thema Arbeit 4.0 mit neuen Potenzialen und Ressourcen zur Förderung der Leistungsfähigkeit. Nur ein geringer Teil der Befragten (35,35%) gibt an, dass im Zuge von Arbeit 4.0 neue Möglichkeiten entstehen, um Belastungen und Gefährdungen zu erfassen.

Abb. 11: Neue Belastungen und Potenziale

Die Grafik (Abb. 12) differenziert die neuen Belastungen ihrer Art nach. Gefragt wurde, ob aus Sicht der Berater im Zuge der Digitalisierung physische Belastungen, psychische Belastungen und kognitive Anforderungen eher steigen oder sinken. Hier zeigen sich gegenläufige Erwartungen: Auf der einen Seite gehen die Betriebsberater davon aus, dass physische Belastungen durch die Arbeit 4.0 an Bedeutung verlieren. Auf der anderen Seite wird jedoch eine Zunahme der psychischen Belastungen und der kognitiven Anforderungen im Zuge von Arbeit 4.0 antizipiert. Eine Abnahme von psychischen Belastungen und kognitiven Anforderungen wird von einem sehr geringen Anteil der Befragten erwartet.

Abb. 12: Belastungen und Anforderungen

welche Unterstützung wünschen sich die Berater?

Die Grafik (Abb. 13) verdeutlicht, dass nur ein geringer Anteil von 19,24% der Befragten überhaupt als Berater zum Thema 4.0 tätig ist. Demgegenüber steht eine Mehrheit der Befragten von 53,89%, die gerne zu diesem Thema beraten würde. Allerdings geben lediglich 24,89% der Betriebsberater an, dass ihnen ausreichende Informationen bzw. eine ausreichende Anzahl an Informationsquellen zur Verfügung stehen, um eine Beratung zum Thema 4.0 zu gewährleisten.

Abb. 13: Beratung zum Thema 4.0

Informationsmaterialien stellen aus Sicht der Befragten die bedeutsamste Unterstützungsmöglichkeit bei der Beratung zum Thema 4.0 dar; diese Art der Unterstützung wird von insgesamt 84,12% der Betriebsberater genannt. Eine ähnlich hohe Relevanz besitzen konkrete Hilfsmittel, Checklisten und Praxishilfen (82,44%). Die Unterstützung durch andere Berater wird von den befragten Betriebsberatern zwar als am wenigsten bedeutsam eingeschätzt, dennoch erhoffen sich immerhin 50,23% der Betriebsberater eine solche Unterstützung (Abb. 14). Interessant ist die Tatsache, dass die Berater eher auf Unterstützung aus externen Quellen setzen als aus der eigenen Firma oder einem Beraternetzwerk. Darüber hinaus ist eine Präferenz von schriftlichen Unterstützungsmaterialien und (externen) Seminaren auffällig.

Abb. 14: Unterstützungsbedarf

Vorbereitung auf veränderte Führungsaufgaben 

Eine Mehrzahl der befragten internen und externen Sicherheitsfachkräfte  gibt an, dass Führungskräfte nicht auf die veränderten Aufgaben durch Industrie 4.0 vorbereitet werden (jeweils über 50%).Fast ein Drittel weiß nicht, ob eine solche Vorbereitung überhaupt stattfindet. Nur eine Minderheit von 10 bzw. 13% kann von einer solchen Vorbereitung berichten (Abb. 15).

Durch Schulungen werden die Führungskräfte am häufigsten auf die veränderten Führungsaufgaben vorbereitet. Bei den internen (13 von 20 Nennungen) und externen (22 von 46 Nennungen) Betriebsberatern ist dies die häufigste Antwort auf die Frage in welcher Form eine solche Vorbereitung stattfindet.

Abb. 15:Veränderte Führungsaufgaben (Führungskräfte)
Verbundprojektpartner
Umsetzungspartner
Umsetzungspartner: Verbände/Institutionen
  • AGV Banken – Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e. V.
  • BDA – Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
  • Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI)
  • IG Metall - Heidelberg
  • IG Metall - NRW
  • METALL NRW Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e. V.
  • Offensive Gutes Bauen (nationale Initiative)
  • Offensive Mittelstand (nationale Initiative)
  • Südwestmetall – Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V.
  • ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – Bund
  • Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)
  • Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)
Umsetzungspartner: Betriebe
  • Bad & Heizung concept AG, Leipzig
  • Camerin – Systemzentrale, Stadtallendorf
  • Corporate Media GbR, Baden-Baden
  • Dr. Hahn GmbH & Co. KG, Mönchengladbach
  • Franz Lorenz GmbH, Trebur
  • GIRA – Giersiepen GmbH & Co. KG, Radevormwald
  • GQA Gesellschaft für Qualität im Arbeitsschutz mbH
  • IB Claudia Verhoeks, Bottrop
  • Koch Sanitätshaus GmbH, Berlin
  • medialogik GmbH, Karlsruhe
  • NEPTUN – Arbeitsschutz, Ingenieur GmbH
  • Otto Eberle GmbH & Co KG, Landau
  • Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, Köln
  • PFW Aerospace GmbH, Speyer
  • SW media GmbH
  • UID – User Interface Design GmbH
  • Wilkinson Sword GmbH, Solingen
Offensive Mittelstand

In enger Kooperation mit der Fachgruppe Mittelstand 4.0